nadeir = nicht da

nadeir = nicht da   Abwesenheit visuell denken

Vom 7. Oktober bis 30. November 2000 gab es insgesamt zehn bildnerische Interventionen und Installationen im Kirchenraum. Die eingeladenen Künstler/innen waren Fedo Ertl, Heribert Friedl, Katharina Heinrich, Herwig Kempinger, Michael Kienzer, Branko Lenart, Ona B., Peter Sandbichler, Deborah Sengl und Markus Wilfling.
Der unmittelbare Anlass für diese massive Hereinnahme von Kunst in den Kirchenraum war die Einweihung der neuerrichteten Synagoge von Graz am 9. Nov. 2000. Die Synagoge aus dem 19. Jahrhundert wurd­e in der Progromnacht vom 9. November 1938 zerstört. Die Abwesenheit von Menschen, jüdische Mitbürger/innen, die vertrieben und getötet wurden, sowie der Verlust deren Lebenskultur im Lebensraum Graz sollte anlässlich der Einweihung der neuen Synagoge noch einmal wahrgenommen werden. Nicht nur das schandhafte Versagen nahezu der gesamten Bevölkerung angesichts des immer brutaler werdenden Terrors des Naziregimes ist immer wieder in Erinnerung zu rufen, sondern auch das Verhältnis von Judentum und Christentum. Auch im Namen des christlichen Glaubens wurde den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in den vergangenen Jahrhunderten unsägliches Leid zugefügt.
Es ging in den sehr unterschiedlichen künstlerischen Statements sowohl um eine späte (zu späte?) Trauerarbeit, geleistet von und für die unmittelbaren Anrainer der alten und neuen Synagoge, als auch um eine weiterreichende Reflexion über Anwesenheit und Abwesenheit, Gegenwart und Nicht- Dasein. „nadeir“ ist das hebräische Wort für „nicht da“.