o.T., 2000 - Katharina Heinrich
Ein überdimensionales, abgelegtes Kleid – abgetragen, mit offenen Bruchstellen, zerschlissen – im Weggehen zurückgelassen oder wie ein Kokon abgeworfen, beiläufig noch da. So lässt sich das Grundempfinden beschreiben, das die Intervention von Katharina Heinrich ausgelöst hat. Das Geflecht erinnert auch an ein biologisches Gewebe, weil man es sich auch in permanenter Erweiterung vorstellen kann, in einem Wachstumsprozess. Jedenfalls überdeckte es den Goldhintergrund der Altarbilder und entzog dem Hochaltar zumindest für kurze Zeit den vertrauten Pathos. Oder handelt es sich um ein riesiges Zelttuch als Decke – eine kultische Geste – das Allerheiligste und auch jene, die sich ihm nähern schützend? Mose erhielt vom Herrn die Anweisungen für den Bau des Bundeszeltes (Buch Exodus, Kapitel 26): „Den herabhängenden überschüssigen Teil der Zeltdecke lass zur Hälfte an der Rückseite der Wohnstätte herabhängen. Das Überschüssige auf beiden Längsseiten der Zeltdecken soll auf die beiden Seiten der Wohnstätte herabhängen, so dass sie sie bedeckt.“