Lois Weinberger hat den alltäglichen, oft nur so dahin gesagten Seufzer “Oh mein Gott!” zum Ausgangspunkt seiner Gestaltung gemacht. Die drei Worte wurden von ihm wie ein ornamentales Band auf die gesamte Glasfläche gestreckt. Der kurze Ausrufer ist durch das Überdehnen und bewegte Ausfransen der Buchstaben nur schwer
zu lesen. Erst beim zweiten Hinsehen erfasst man den knappen Text und versteht, dass es kaum um ein Begreifen geht, wenn man so banal, so zwischendurch – und dennoch ausdrücklich – Gott anruft. Lois Weinberger setzt hier Sprache als Bild um. Ein Bruchstück von Kommunikation – oder ist es nur ein verbaler Abfall? – wird vor
Augen geführt. Es geht um das Abschreiten eines Grenzbereiches von Sprache, nicht mehr um Information, sondern um grafisch modellierte Worte, die zusammen noch einen Satzfetzen ergeben. Der Künstler zeigt uns ein zwischen Unten und Oben gescratchtes „Sprachding“. Und er fragt damit auch nach der Bedeutung dieses objektivierten Sagers: Oftmals wird gedankenlos der Name Gottes so dahin gesagt – eine Katharsis, eine Reinigung des Gottesgeplappers würde gut tun!
– oder man formt diesen Satz doch auch ganz bewusst: OH MEIN GOTT, schau Dir bitte dieses Elend an! Ist es Dir denn nicht möglich einzugreifen? Oh mein Gott! Wer kann da noch etwas ausrichten, wenn nicht Du? Das Glasfenster befindet sich zwischen dem Salvator Mundi Altar (Jesus als Erlöser der Welt) und dem Namen-Gottes-Altar (Stirnseite des Seitenschiffes). Oh mein Gott! ist damit auch das Gebet Jesu. Nicht nur so dahingesagt, sondern an den gerichtet, der aus der Nacht des Todes befreien kann.