Der 1216 päpstlich approbierte Dominikanerorden (lateinisch Ordo Fratrum Praedicatorum, abgekürzt: OP) hat seinen Ursprung in einer vom Hl. Dominikus (1170 – 1221) in Toulouse gegründeten Prediger- vereinigung, deren vordringliche Aufgabe die Bekehrung der vom ka- tholischen Glauben abweichenden Katharer und Waldenser war. Nicht nur das einzelne Ordensmitglied, auch der Ordensgemeinschaft selbst durfte nach seinen ursprünglichen Satzungen keine größeren Besit- zungen annehmen. An Besitztümern waren nur die Klostergebäude und Gärten zur Versorgung der Brüder erlaubt, den Lebensunterhalt bestritt man vor allem durch Betteln.
Die Grazer Anfänge
Noch zu Lebzeiten des Ordensgründers war auch ein weiblicher Zweig des Ordens gegründet worden. In Graz wurde 1307 das erste Domi- nikanerinnenkloster gestiftet, lange vor der männliche Zweig, denn dieser konnte in der steirischen Landeshauptstadt erst 1466 dank einer Stiftung von Kaiser Friedrich III. Fuß fassen. Dieser überließ den Dominikanern im Bereich des ehemaligen jüdischen Gettos die „Gotts- leichnamskapelle“ – heute die Johanneskapelle der Stadtpfarrkirche
- und den für den Bau eines Klosters erforderlichen Grund und Bo- den. Der Orden ging auch gleich ans Werk und organisierte eine rege Sammeltätigkeit mit Hilfe der bereits bestehenden Niederlassungen
in Deutschland und Italien. Und dies durchaus mit Erfolg, denn in den folgenden Jahrzehnten konnte zwischen der erwähnten Kapelle und der Stadtmauer ein stattliches Klostergebäude errichtet werden, das sich zum Teil im heutigen Stadtpfarrhof erhalten hat. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde an die zu klein gewordene Kapelle schließlich auch eine große Klosterkirche – die heutige Stadtpfarrkirche – ange- baut, die 1512 mit dem Patrozinium „zum Hl. Blut“ geweiht wurde. Diese Stattlichkeit war aber einige Jahrzehnte später wohl der Haupt- grund dafür, dass die Dominikaner Kloster und Kirche wieder verlieren sollten. 1573 war nämlich die ursprüngliche Grazer Stadtpfarrkirche zum Hl. Ägidius – heute Domkirche – den im Zuge der von den habs- burgischen Landesfürsten getragenen katholischen Gegenreformation nach Graz berufenen Jesuiten anvertraut worden. Nach langen Hin und Her wurde 1585 definitiv entschieden, dass der Sitz der Pfarre Graz in die Dominikanerkirche verlegt werden muss. Die Dominikaner mussten weichen, denn das Klostergebäude wurde zum Sitz der Grazer Nuntiatur und zum Pfarrhof umfunktioniert, die bisherige Dominika- nerkirche wurde zur Stadtpfarrkirche erhoben.
St. Andrä und die Ankunft der Dominikaner
Von 1340 an wird „st. Andre bey Gräz“ an dem die Mur-Auen querenden Weg von Baierdorf in die Stadt immer wieder genannt. Allerdings dürfte seine Gründung viel weiter zurück liegen. „Ardolff von Gräz stifft zu S. Andre ain Müll sambt dem Stampf darbey, underhalb S. Andre gelegen, darvon man järlich dient 10 d (Pfenninge) und mag ain jedweder Pfarrer bey derselben Müll frey mallen. Geben am Prechentag (6. Jänner) anno etc. 1270 Jar“. So wird es in einem aus dem Jahr 1583 stammenden Urkundenregister der Grazer Stadtpfarre überliefert. Die Erhebung dieser aller Wahrscheinlichkeit also schon im späten 13. Jahrhundert errichteten Kirchenanlage von St. Andrä zur Pfarrkirche dürfte dann in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erfolgt sein, weil sich die Vorstadt immer mehr vergrößerte. Das erste sichere urkundliche Zeugnis aus dieser Zeit ist ein Kaufbrief aus dem Jahr 1340. Die Rede ist von einer Pfarre und einer Pfarrkirche mit beachtlichen Pfründen. Wahrscheinlich handelte es sich um eine von den Aribonen oder Peilsteinern gestiftete Eigenkirche mit Pfarrrechten. 1479 wurde St. Andrä jedoch der Stadtpfarre zum Hl. Ägydius inkorporiert, ohne eine formale Aufhebung des Pfarrstatus. Der Hofpfarrer war nun auch Pfarrer von St. Andrä bis zur großen Veränderung, die gegen Ende des 16. Jahrhunderts eingeleitet wurde.
Die damals recht kleine, zur Stadtpfarre gehörige Fililakirche St. Andrä in der Grazer Murvorstadt wurde 1585 den Dominikanern als neue Bleibe zugewiesen. Mit päpstlicher Bulle vom 1. Mai
1586 wurden diese Rochaden auch kirchenrechtlich sanktioniert. Die urkundlich abgesicherte „Einhendtigung des Kürchl St. Andre“ sowie eines zur Kirche gehörigen Hauses und Gartens für die Dominikaner durch den dafür zuständigen Salzburger Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau erfolgte erst am 2. Mai 1589.
All dies geschah verständlicherweise nicht ohne Widerstand der Dominikaner, doch ihre Position
war geschwächt, denn in der Zeit der lutherischen Reformation hatte es – wie bei anderen Ordensgemeinschaften – auch bei den Dominikanern kaum noch Ordensnachwuchs gegeben. Um 1580 sollen nur mehr zwei Brüder des Predigerordens in Graz gelebt haben, die jedoch hier garnicht predigen konnten, weil sie angeblich der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen seien. Außerdem würden sie, so wird berichtet, einen ärgerlichen Lebenswandel führen und gegen den
vom Landesfürsten angeordneten Wechsel nach St. Andrä rebellieren. Der wirtschaftliche Verlust war
tatsächlich exorbitant. Kirche, Haus und Garten in der Murvorstadt wurden nach einer zeitgenössischen Schätzung auf maximal 1500, der bisherige Besitz aber auf 50.000 Gulden geschätzt.
Von der Übersiedlung 1585 waren tatsächlich nur drei Dominikaner, von denen zwei Priester waren, betroffen. Ein Neuanfang war daher auf jeden Fall erforderlich. Dieser Neubeginn bauchte seine Zeit, war aber letztlich erfolgreich, denn er war eingebettet einerseits in die erfolgreiche katholische Gegenreformation an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert, anderseits in die Reformbemühungen der katholischen Kirche in dieser Zeit. Bei diesen Reformbemühungen spielten die Klöster eine sehr wichtige Rolle. So wurde in dieser Zeit in Graz eine ganze Reihe von neue Orden angesiedelt, so die Augustiner Eremiten, die Minoriten, die Kapuziner, die Klarissen usw.
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