Johanna Kandl hat in ihrer Glasfenstergestaltung ein Fest der Pfarre St. Andrä als Ausgangspunkt gewählt. Man sieht in allen Bildfeldern euro- päische und afrikanische Leute, Kinder und Erwachsene beim Essen vereint, am Tisch sitzend oder stehend und teilweise mit starker Ges- tikulation kommunizierend. Im untersten Feld wird mit aufgeklebten Buntglastafeln die erste Frage gestellt, die sofort auch den Konnex zur biblischen Erzählung von der Brotvermehrung herstellt: HOW MANY BREADS DO YOU HAVE? Es ist die Frage Jesu an die Jünger, die die Leute am Abend des Tages wegschicken wollten, weil sie offensichtlich mit einer notwendigen Speisung der Menge überfordert waren. Und wir? Wieviele Brote haben wir? Man müsste zugeben: Zuviele. Sogar soviele, dass wir die vielen Tonnen von Brot und anderen Nahrungs- mitteln, die übrigbleiben, wegwerfen oder vernichten. Absurde und zum Himmel schreiende Fakten. 870 Millionen Menschen hungern – und auf der anderen Seite ein Überfluss, der die Seele der Menschen verdirbt. Spekulationen mit der Knappheit von Lebensmitteln und Saatgut auf dem Weltmarkt und ähnliches mehr. Kandl reiht ohne die Geste großer Anklage eine Reihe von Fragen in ihrer Glasfenstergestaltung aneinander: Wer bestimmt den Preis? Was kostet das Getreide, der Weizen, der Reis? Wer bestimmt eigent- lich den Markt und – noch viel weitreichender – die menschliche Geschichte insgesamt? WHO OWNS HISTORY? Wer sitzt denn auf der Geschichte der Menschheit so penetrant drauf, könnte man frei über- setzen, dass es soviel an Ungleichheit und Ungerechtigkeit gibt? Das Wunder der Vermehrung menschlicher Lebenskraft, Lebensfreude und Lebenszuversicht findet statt, wenn der Priester in der Heiligen Messe die Worte Jesu über Brot und Wein spricht: „Das ist mein Leib, der für Euch hingegeben wird.‟ Dieses Wunder der Vermehrung von Lebensfülle findet genau so statt, wenn Menschen weltweit aufwa- chen zu einem solidarischen Handeln, das einer globalen Verantwor- tung entspringt. Die Frage, die uns rettet, lautet nicht: Wie werde ich in Zukunft satt werden? sondern: Wie kann es uns gelingen, dass alle Menschen ein menschenwürdiges Dasein auf diesem Planeten führen können und nicht im Elend dahinvegetieren müssen, während gleich- zeitig ein sehr kleiner Teil der Weltbevölkerung mit den Folgen einer Geist und Seele tötenden Übersättigung zu kämpfen hat. Johanna Kandl hat ein Glasfenster geschaffen, das in der Nähe des Altares die wesentlichen Überlebensfragen unseres Globus mit einer scheinbaren kindlichen Leichtigkeit auflistet und so den Betrachter in ein hoffentlich nachhaltiges Nachdenken verstrickt.