„Der liebe Gott steckt im Detail“

steckt im detail

Birgit Kulterer - „Der liebe Gott steckt im Detail“

Zitiert ein legendärer Kunsthistoriker einen anderen, und legt ein Künstler dieses Zitat über den Index seiner Arbeit, liegt es nahe, die Überschrift ernst zu nehmen. Von der Farbkarte der Firma Adler als gefundenes Sprach-Objekt führt so der Weg weiter in die Kunst- geschichte als Bedeutung generierendes System: Zuerst zu Aby Warburg, dem Begründer der Ikonologie. Er hatte 1925 ein Seminar über die italienische Kunst der Frührenaissance unter den zitierten Titel gestellt und damit sein kunstwissenschaftliches Credo verdeutlicht, dass gerade im scheinbar Neben- sächlichen, Unbedeutenden und Alltäglichen eine symbolische Dimension enthalten ist, die auf ideen- geschichtliche, kulturelle, gesellschaftliche und politische Zusammenhänge verweist. Dann zu Ernst H. Gombrich, der unter anderem als langjähriger Leiter des Londoner Warburg-Instituts Kunstgeschichte geschrieben hat. Seine Geschichte der Kunst (1953) wird, mittlerweile in der 16. Auflage, als „Standard- werk“ gehandelt.
Vor allem aber gibt der Adler den entscheidenden Hinweis auf die Schlüsselfigur für die Arbeit Gustav Trogers: „Unter dem Druck der politischen Ereignisse seiner Zeit“ gründet der belgische Künstler Marcel Broodthaers 1968 in seiner Atelierwohnung das Musée d’Art Moderne, Département des Aigles (Museum Moderner Kunst, Abteilung Adler). Duchamps Methode des Ready Mades erweiternd thematisiert er mit seinem fiktiven Museum die Strukturen der (Definitions-)Macht im Kunstbetrieb als Teil der kapitalistischen Wertschöpfungsmaschinerie. Broodthaers will „etwas Täuschendes erfin- den“ und setzt dabei, wie in seinem gesamten Werk, aufbauend auf der Text-Bild-Arbeit des Dichters Mallarmé und des Malers Magritte, Sprache als Medium der Kunst ein, operiert mit Worten, Begriffen, Abkürzungen, Zahlen und anderen Zeichen, um die Autorität von Bedeutungs- und Wissenssystemen in Frage zu stellen.
Im Spiel mit der symbolischen Funktion von Sprache, ihrer willkürlichen Natur als Ordnungssystem subjektiver Wirklichkeit, der Austauschbarkeit von Bezeichnungen, der Vielzahl denkbarer, maßgeblich von Kontext und Erscheinungsbild (Schrifttypus und -größe, Anordnung, Farbe etc.) mitbestimmter Bedeutungsrichtungen, zeigt sich Troger als Broodthaers’ Wahlverwandter. Auch wenn die „Sonnen- blume“ in einem satten Gelb daherkommt oder der „Afrolook“ in Blackoak St(andar)d, ist bei genauer Betrachtung die trügerische Sicherheit schnell dahin. Des Rätsels Lösung bleibt offen. Und die Deu- tungshoheit beim Betrachter.