Walter Köstenbauer verfügt über originale Tarnstoffe von 14 Nationen, die er in sehr vielschichtigen Bildinstallationen einzusetzen versucht. Nicht der vordergründig gefälligen Ästhetik der Camouflage-Muster, die einige Jahre einen internationalen Modetrend in der Alltagsklei- dung bestimmten, gilt sein erstes Interesse, sondern der visuellen Komplexität militärischer Tarnstrategien überhaupt. Es geht ihm um das Grundmuster von Tarnung und Enttarnung. Durch das Zusam- menfügen der diversen Militärstoffe passiert eine nahezu pazifistische Auflösung. Was ursprünglich nur im militärischen Kontext seinen Sinn hatte, findet sich in einem Nationen verbindenden Gesamtbild.
Die serielle Präsentation der Tarnstoffe erzielt ein dem militärischen Anliegen gegenläufiges Resultat. Der Betrachter findet Gefallen an den malerischen und grafischen Reizen der Textilbeispiele. Köstenbauer baut damit eine ästhetische Falle auf: Man vergisst den Kontext und erfreut sich am schönen Muster. Das textile Militärzeug hat sich vor- übergehend seiner abscheulichen Brutalität entledigt, aber es bleibt, was es ist. Das multinationale Tarnbild ist eine Täuschung.
In einer inhaltlichen Korrespondenz zum Fastentuch sind im Kirchen- raum über 100 Fotos von Camouflage-Mode tragenden Menschen aus Italien, Slowenien, Ungarn, Israel, England, Holland und Österreich zu sehen, teils originale Militärkleidungsstücke, teils beliebige Textilien mit sehr freien Imitationen von Militärmustern aus diversen Mode- geschäften. Wir haben es mit einer fast gänzlich entpolitisierten, zeit- und gesellschaftsunkritischen Verwendung zu tun.
Die Anordnung der Fotos – bewusst „beiläufig“ in die Rahmen der Kreuzwegbilder gesteckt – eröffnet einen Dialog zwischen den darge- stellten Personen und den dramatischen Stationen des Kreuzweges. In der Betrachtung des geschundenen, gedemütigten und seiner Kleider beraubten Jesus entdeckt man das Echo der eigenartig klaren Behaup- tung des Pilatus: Seht, das ist der Mensch!
Die Fastenzeit als eine Zeit der Enttarnung.