7 Flachbildfernseher hat Michael Kienzer übereinander gereiht in
das Kirchenfenster montiert. Die Geräte, die nicht exakt dieselben Abmessungen haben und auch mit der Neigung der Bildfläche leicht variieren, bilden zusammen eine große Bildstele. Das Fenster bzw. die einfach verglaste Fensterfläche wird zu ca. zwei Drittel von den Fern- sehgeräten abgedeckt. Rechts und links vom vertikalen Geräteblock sind ca. 10 cm breite Streifen der Durchsicht nach außen möglich und ebenso frei ist der Ausblick oberhalb der Fernseher, ca. ein Viertel der Gesamtfläche. Das gezielte Verstellen des reinen Durchblicks nach au- ßen ist die erste wichtige bildnerische Geste des Künstlers. Der Block der Bildmonitore wirkt wie eine große, skulpturale Jalousie, die das Naturlicht zurückweist. Die Fernsehgeräte sind bespielbar (mit DVD- Playern vernetzt) und zeigen in der von Michael Kienzer konzipierten Grundeinstellung eine Kombination von Farben – eine Auswahl ohne angestrengte, hintergründige Konzeption.
Der Künstler stellt seine Fernseherskulptur auch anderen Künstle- rinnen und Künstlern zur Verfügung, um temporär begrenzte Bild-, Video- oder Filmprojekte zu präsentieren. Die technisch erzeugten Bilder auf den Fernsehschirmen kontrastieren mit dem Naturlicht und Naturbild, das an den offenen Stellen hereinbricht. Diese bewusste Zwielicht-Situation ist ein wesentlicher Aspekt. Im mittelalterlichen Glasfenster funktionierten die bunten Scheiben wie Membrane in einer Transformation des irdischen Blicks hinein in eine transzendente, himmlische Wirklichkeit. Und umgekehrt waren die bunten Glasbilder die Stelle der Brechung und Visualisierung einer geistigen, göttli-
chen Realität, die sich in den Kirchenraum (Abbild des Himmlischen Jerusalems) hinein geoffenbart hat. In der Glasfenstergestaltung Kienzers ist an die Stelle der farbintensiven Glasbilder, die Heilsbilder aufleuchten lassen, in einem gegenseitigen Spannungsfeld das reine Naturlicht und das technisch generierte Fernsehbild getreten. Die Wirklichkeit des spirituell geschauten Himmlischen Jerusalems ist somit ersetzt durch die technisch generierbare Virtualtiät einer nahezu unbegrenzten Bilderfülle, wie wir sie als Konsumenten von Fernseh- geräten erwarten. Es geht Kienzer in seiner hochkomplexen, ständig neu bespielbaren Bildskulptur um die Frage nach dem Realen und Virtuellen, nach dem Faktischen und Fiktiven. Im sakralen Kontext der Kirche geht es um das visuell (Er-)Fassbare im Gegensatz zum begriff- lich und bildhaft Un-Fassbaren, um die Frage nach der Basis für das repräsentative Bild und der tragenden Wirklichkeit im Ganzen.