Flora Neuwirth übernimmt die ursprüngliche Einteilung der Glasfenster in acht Felder. Die Farbe Magenta kommt sowohl in transparenter Weise bei den Gläsern vor (Doppelscheibe mit Farbfolie dazwischen) als auch im Anstrich der verbindenden Eisenstege und als Wandfarbe in der Fensterlaibung. Der unterschiedliche Einsatz derselben Farbe – transparentes Glasfenster, Objektfarbe, Wandmalerei – führt auch vor Augen, dass in der kirchlichen Bildtradition Farbwirkung durch das Filtern von einstrahlendem Sonnenlicht erzielt wird (traditionelle Glasfenstermalerei), durch das Bemalen von Objekten (Altaraufbauten, Skulpturen, …) und durch den Auftrag von Farbe auf Wand (klassische Wandmalerei). Die Farbe Magenta ist eine der drei Hauptfarben im standardisierten Vierfarbendruck (CMYK-System: Cyan, Magenta, Yellow und K für Kontrast), mit dem all unsere alltäglichen Druckwerke hergestellt werden. Die Reduktion auf eine Farbe ist der Versuch einer modellhaften Reduktion des Vielen (unüberschaubare Menge von Druckwerken, Bilderfluten in den Medien und in der Werbung, …) auf einen Grundbaustein, um zu einer Wahrnehmung des Wesentlichen zu kommen. Zugleich aber zielt die riesige Fläche der einen Farbe auf ein Überwältigen des Betrachters ab, der in das Erlebnis von (Farb-)Fülle abtauchen kann oder auch davor zurückschrecken wird. „Who is afraid of Magenta?“ könnte man in Abwandlung eines berühmten Bildtitels von Barnett Newman fragen. Eine Farbe wird im Erleben des Betrachters zur Erfahrung des Ganzen. Flora Neuwirth verwendet somit einen minimalen Baustein alltäglicher Lebenswelt und setzt ihn so konzentriert und massiv ein, dass er die Erfahrung einer übergreifenden Dimension möglich macht. Die durchaus meditative Qualität des transparenten Magenta-Fensters wird noch durch die Farbfilterwirkung unterstrichen. Alles, was sich im Ausblick auf die gegenüberliegende Häuserfront oder im Blick auf Wolkenformationen erfassen lässt, erscheint verwandelt im Magenta-Farbton. Der Betrachter steigt ein in ein faszinierendes Spiel optischer Transformation – und erlebt vielleicht mehr als nur das.