Die Bewegung der Menschen gleicht heute, in Zeiten faktischer Globa- lisierung aller Lebensbereiche, zunehmend jener der Fliegen. Das Pro- jekt „Fliegenglobalisierung“ der deutsch-kroatischen Künstlerin Kar- men Frankl war ein work-in-progress und bestand aus zwei zeitlichen Phasen: Intervention und Installation. Das Zentrum der Arbeit bilden sechs große, von innen beleuchtete Globen. Sie wurden mit einem speziellen Leim präpariert, der die Fliegen anlockt. Im Zeitraum von Anfang Juli bis Mitte September waren diese Globen an verschiedenen Orten in Graz aufgehängt: Beim Bundesasylamt, im Hotel Weitzer, in einem Flüchtlingsquartier, im Sozialzentrum der Caritas, in einer Bildungseinrichtung für Migranten und – der einzige Ort außerhalb der Stadt – im Bundesgestüt der Lippizaner in Piber. Die Fliegen haben die Globen bevölkert. Es entstanden Siedlungsströme mit neuen, unvor- hersehbaren Bevölkerungsstrukturen, die eine gewisse Gesetzmäßig- keit aufzuweisen scheinen. Im zweiten Teil des Projekts wurden die von den Fliegen besetzten Globen im Chorraum der Kirche als komplexe Installation präsentiert. Sechs Globen – Sechs Modell-Globalisierungen. Ergänzt wurde der starke visuelle Eindruck durch einen Sound, der in den Kirchenraum das Geräusch einer Meeresbrandung gespült hat. Zusätzlich zu dieser Installation gab es noch drei weitere Klanginstallationen. Im Mittelschiff der Kir- che eine aufwendige Inszenierung für eine spezielle Fliege. Zu sehen gab es einen mit einem Vorhang überhöhten Mittagstisch in puristischer Einfalt und per Ton die durch Langeweile provozierende Geschichte der „Sonntagsfliege“. Im Beichtstuhl konnte man in einer berührend intimen Atmosphäre einem antiken Text zur Bedeutung und Lebensweise der Fliege lauschen. Der Eingangsbereich der Kirche war ebenso Austragungsort einer Klanginstallation. Man hörte die Stimme eines Kindes, das bis zur Erschöpfung den Satz: „Wenn Fliegen hinter Fliegen fliegen, fliegen Fliegen Fliegen nach“ repetie- ren musste. Die beidseitig gegenläufige Projektion dieses Satzes auf dem Kirchenportal bot dazu die visuelle Ergänzung. Eine Verdichtung der Erfahrung von Rastlosigkeit und ruhelosem Unterwegssein genau im transistorischen Bereich von Straße und Heiligem Raum. Die Frankl’schen Fliegen haben über ein Monat den gesamten Kirchenraum in Beschlag genommen. Ein multimediales Gesamterlebnis, ein Kosmos von Bezügen, der sich durch die Konzentration auf ein Insekt erschlossen hat.